https://www.politico.eu/article/bas-bloem-parkinsons-pesticides-mptp-glyphosate-paraquat/
Lohnender Artikel in Politico-European ed.:
Es gibt eine starke Zunahme von Parkinson in den letzten Jahrzehnten, was darauf hinweist, dass Parkinson auf sich schnell ändernden Umweltfaktoren beruht. Es gibt eine hohe Korrelation der
Zunahme von Parkinson mit intensiver Landwirtschaft. Ein möglicher Grund ist also der stark gestiegene Einsatz von Pestiziden. Es gibt einige Hinweise auf Zusammenhänge zwischen
neurodegenerativen Krankheiten und bestimmten Klassen von Pestiziden. Wir reden über "circumstancial evidence", was wichtig ist sind die Reaktionen von Behörden und Politk.
Ein Ansatz ergibt sich daraus, dass die Kombination von Glyphosat und MPTP, der Substanz, die Parkinson direkt auslösen kann zu stark erhöhten Nervenzellverlust in Mäusen führt (Pu et. al.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32387710/). MPTP ist strukturell mit
einigen Pestiziden verwandt, z.B. Paraquat (das selbst in der EU, aber nicht z.B. in den USA verboten ist).
Die Argumentation ist - für epidemiologische Ansätze typisch - nicht ganz schlüssig, die Literatur zu Glyphosat ergibt keinen nachweisbaren Zusammenhang von Glyphosat mit neurodegenerativen
Krankheiten (Systematic literature review of the epidemiology of glyphosate and neurological outcomes Ellen T. Chang, Nnaemeka U. Odo ·
John F. Acquavella International Archives of Occupational and Environmental Health (2023) 96:1–26, https://doi.org/10.1007/s00420-022-01878-0), wenn der Review auch auf methodologische Probleme und die Notwendigkeit weiter Studien
hinweist. Es wurden in den zitierten Studien allerdings die Effekte von Glyphosat allein und nicht in Kombination mit anderen Mitteln untersucht, damit ist auch der "Freispruch" für
Glyphosat nicht schlüssig.
Es zeigt sich allerdings, dass die Aufsichtsbehörden, hier die EFSA, die europäische Lebensmittelbehörde, nicht gut aufgestellt ist um Effekte zu beobachten, die von den beteiligten Firmen nicht untersucht werden. Es gab auch gut dokumentierte Fälle von nicht weitergegebenen Ergebnissen aus Studien der beteiligten Firmen.
Wenn die Effekte Mischungen von Chemikalien und Kombinationen von verschiedenen Wirkungsmechanismen betreffen hat die EFSA weder die Handhabe, solche Studien zu erzwingen, noch die Mittel, sie selbst durchführen zu lassen.
Ob ein Zusammenhang mit Glyphosat existiert oder nicht, Parkinson ist inzwischen in einigen Ländern als Berufskrankheit von Landwirten anerkannt - auch wenn der deutsche Bauernverband sich
dagegen wehrt weil er erhöhte Versicherungsprämien befürchtet (https://taz.de/Parkinson-durch-Pestizide/!6072903).
Der Artikel zeigt sowohl die Schwierigkeiten, kausale Zusammenhänge zu beweisen als auch die Probleme der Behörden, Evidenz zu beschaffen. Zentrale Aussage zum Zusammenhang Parkinson-Pestizide
ist jedoch: es gibt da deutliche Muster und Lücken in der Datenlage und es müsste jetzt eine politische Entscheidung her, etwas zu tun - sowohl in zielgerichteter Forschung als auch in
präventiver Gesetzgebung und vor allem herstellerunabhängiger Information der Anwender.
Bernd Wille
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