https://www.kontextwochenzeitung.de/wirtschaft/708/versprueht-um-zu-bleiben-9805.html
Gute Zusammenfassung der Zulassungsproblematik bei Fluorpestiziden. Die Umwelthilfe setzt sich für ein sofortiges Verbot von Flufenacet ein. Das Pestizid ist laut EFSA (Europäische Nahrungsmittelbehörde) anerkannt toxisch für Algen, es ist eine hormonell wirksame Substanz bei Menschen und anderen Organismen und seine Umsetzungsprodukte wurden nicht ausreichend untersucht. Einer dieser Metaboliten ist Trifluoressigsäure, ein Abkömmling von Ewigkeitschemikalien dessen Konzentrationen im Trinkwasser bundesweit ansteigen und das nur mit großem Aufwand daraus entfernt werden kann.
Flufenacet gehört zu den PFAS, die auf Initiative unter anderem Deutschlands EU-weit verboten werden sollen (die Kommission berät, vieleicht bleibt vom Verbotsantrag ja sogar etwas übrig).
Bernd Wille
Zum Hintergrund:
https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/j.efsa.2024.8997
Identifiziert wurde eine Lücke in der Untersuchung:
Metaboliten in überhöhter Konzentration sind zu erwarten für FOE oxalate, FOE sulfonic acid, FOE methylsulfone, FOE trifluoroethanesulfonic acid und trifluoroacetic acid, die Relevanzanalyse fehlt ausser für das Methylsulfon.
"Auf dem Gebiet der Ökotoxikologie wurde ein kritischer Bereich für Wasserorganismen (Algen) ermittelt. Ein hohes Risiko wurde auch für einige der repräsentativen Verwendungen für Vögel, Bienen und Regenwürmer festgestellt."
Schlussfolgerung:
"Es wurden die folgenden kritischen Bereiche ermittelt, gegebenenfalls zusammen mit den entsprechenden Datenlücken, die direkt unter dem jeweiligen kritischen Bereich aufgeführt sind:
Für die Mehrzahl der relevanten FOCUS-Szenarien (8 von 9) wurde für alle repräsentativen Verwendungen von Flufenacet ein hohes Risiko für Algen festgestellt (siehe Abschnitt 5).43
Bewertung der endokrinschädlichen Eigenschaften für Menschen und Nichtzielorganismen: Die Kriterien gemäß Anhang II Nummern 3.6.5 und 3.8.2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in der Fassung der Verordnung (EU) 2018/605 der Kommission sind für die T-Modalität erfüllt."
Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)
T-Modalität ist einer der etablierten Wege auf denen endokrine Wirkungen eintreten.
Deutsche Umwelthilfe:
Um die sofortige Aufhebung der deutschen Zulassung für die Flufenacet-haltigen Herbizide Tactic und Elipris durchzusetzen, hat die DUH in einem Schreiben vom 4. Oktober das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zum sofortigen Handeln aufgefordert. Sollte das BVL dem Antrag nicht nachkommen, wird die DUH ein gerichtliches Eilverfahren zum Schutz von Mensch, Umwelt und Grundwasser einleiten. Bereits am 1. Oktober hat die DUH in einem Schreiben an die zuständige EU-Kommissarin Stella Kyriakides umgehend einen Verordnungsentwurf zur Nichterneuerung der Genehmigung sowie Notfallmaßnahmen gefordert.
Die Agrarindustrie sieht noch Hoffnung:
laut BW-Agrar https://www.bwagrar.de/aktuelles/news/article-8030712-204217/wirkstoff-flufenacet-faellt-weg-.html
gibt es noch die Möglichkeit endokrine Disruptoren bis zu 5 Jahre zuzulasssen falls dies zur Bekämpfung von ernsthaften Gefahren in Bezug auf die Pflanzengesundheit nötig ist.
(Eu-Zulassungsverordnung art. 4, Abs. 7 in Verb. mit Anhang II, Nr. 3.6.5)
Ein weites Betätigungsfeld für Juristen tut sich auf.
Originalzitat:
In the area of ecotoxicology a critical area of concern for aquatic organisms (algae) was identified. High risk was also identified for some of the representative uses for birds, bees and earthworms.
Conclusion:
The following critical areas of concern are identified, together with any associated data gaps, where relevant, which are reported directly under the specific critical area of concern to which they are related:
High risk to algae was concluded for the majority of the relevant FOCUS scenarios (8 out of 9) for all the representative uses of flufenacet (see Section 5).43
The assessment of the endocrine disrupting properties for humans and non-target organisms: the criteria as laid down in points 3.6.5 and 3.8.2 of Annex II to Regulation (EC) No 1107/2009, as amended by Commission Regulation (EU) 2018/605 are met for the T-modality.
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