Auf Anregung von Kathleen
Wir haben einen Flyer erstellt um auf das Problem von Drogen in Kläranlagen hinzuweisen. https://www.dropbox.com/s/u0tew4y11fdn7fc/2022_NABU_Faltblatt%20Arzneimittel.pdf?dl=0%20
Kurz: Drogen gehören nicht ins Abwasser, also bei der Entsorgung nicht in die Toilette.
Was man mit einem Flyer nicht angehen kann: sie gehören auch nicht auf die Deponie sondern in die Verbrennung. Das allerdings erforderte eine entsprechende Organisation bei den Abfallentsorgern oder gesonderte Sammlung. Auch das nützt nur begrenzt wenn man davon augeht, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil (oft ein Großteil) der Wirkstoffe vom Menschen oder Nutztier ausgeschieden wird und so ebenfalls in der Umwelt landet.
Das Problem müsste eigentlich andersherum angegangen werden: von der Quelle statt "end of the pipe".
Der Guardian hat in einem verdienstvollen Artikel darauf hingewiesen:
https://www.theguardian.com/environment/article/2024/jun/06/drug-pollution-wildlife-threat-aoe
Kurz: in einer Studie über 1052 Probennahmestellen in 104 Ländern auf 3 Kontinenten fanden sich in 43% der Proben zumindest ein Medikament jenseits der Sicherheitsschwelle, an höherbelasteten Stellen oft komplexe Mischungen von bis zu 34 Drogen.
Das führt zu Belastungen auch der Fische in Oberflächengewässern. Die Autoren zitieren Verhaltensstörungen bei Barschen, Froellen und Elritzen, Reproduktionsstörungen bei Staren und Geschlechtswechsel bei ganzen Fischpopulationen. Nicht zu vergessern die Weitergabe von Resistenzen durch Antibiotika in Abwässern von Kliniken und aus der Tierhaltung.
Abhilfe kann nur ein anderes Herangehen an die Entwicklung von Drogen bringen. In der Studie:
"Es gibt zwar verschiedene soziologische und technologische Ansätze zur Verringerung der Umweltbelastung durch Wirkstoffe, die alle genutzt werden sollten, entscheidend für eine wirklich nachhaltige Lösung ist die Entwicklung umweltfreundlicherer Arzneimittel, die in der Umwelt vollständig abgebaut werden."*
Ein erster Schritt wäre für die EU die Berücksichtigung von Umweltfolgen von Arzneimitteln bei der Evaluierung. Heute werden Umweltbelastungen zwar geprüft, die Ergebnisse haben aber keine verpflichtenden Wirkungen auf die Zulassung da man davon ausgeht dass die Vorteile für den Patienten Priorität haben.
Rezeptpflicht und Werbeverbot für notwendige aber umweltschädliche Drogen wären ein erster Ansatz.
Bernd Wille
Die zugrundeliegende Studie:
https://doi.org/10.1038/s41893-024-01374-y
Nature sustaninability - leider hinter einer Paywall
The urgent need for designing greener drugs
Tomas Brodin, Michael G. Bertram, Kathryn E. Arnold, Alistair B. A. Boxall,
Bryan W. Brooks, Daniel Cerveny, Manuela Jörg, Karen A. Kidd, Unax Lertxundi,
Jake M. Martin, Lauren T. May, Erin S. McCallum, Marcus Michelangeli, Charles R. Tyler,
Bob B. M. Wong, Klaus Kümmerer & Gorka Orive
"1,052 locations across 104 countries, spanning all continents 1 . Around 43% of the sites
sampled had levels of at least one drug that exceeded what is
considered safe for ecological health 2 . Furthermore, at the more-
contaminated sites, complex mixtures of many APIs were detected
(a maximum of 34)..."
"The evidence is clear that APIs in the environment pose a major
and escalating risk to biodiversity, ecosystem services and public
health. The same trait that makes these drugs so effective in human
and animal patients makes them particularly concerning as environ-
mental pollutants: rationally and intrinsically designed attributes to
exert a range of biological effects even at low dosages. Moreover, API
contamination of ecosystems is co-occurring with other widespread
environmental changes, which can magnify the detrimental effects
of drugs. * While various sociological and technological approaches
exist to reduce the environmental burden of APIs, all of which should
be leveraged, development of greener drugs that fully degrade in the
environment is critical to a truly sustainable solution. Appreciating that
patient access to pharmaceuticals will remain vital into the future, we
urge drug designers and manufacturers, scientists and policymakers
to recognize the growing environmental threat posed by APIs and to
urgently prioritize the sustainable molecular design of greener drugs
to prevent further environmental harm."
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