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Flohbehandlungsmittel - Relevanz

Wie versprochen (https://www.nabu-bfa-oekotox.de/2023/08/18/flohbehandlungsmittel/) ein kurzer Überblick über die Literatur (keineswegs erschöpfend) zu diesen Mitteln und Daten für Deutschland.

 

Nochmal

Zu den Substanzen:

 

Imidacloprid ist ein Neonicotinoid. Wegen Bienengiftigkeit besteht ein Verbot für Freilandkulturen, "Notzulassungen" für die Beize von Zuckerrübensaat sorgen jedes Jahr für Debatten.
Fipronil ist ebenfalls bienengiftig, seine Verwendung in Deutschland ist eingeschränkt, in der Schweiz ist es verboten. Es steht im Verdacht, krebserregend und ein endogener Disruptor zu sein, was aber bislang von den Regulierungsbehörden nicht akzeptiert wird.
Fluranaler ist eher unverdächtig.

 

Belastungen

Die Daten für Oberflächenwasser in Deutschland sind insgesamt nicht alarmierend, zeigen aber dass sich ein Problem aufbaut:
Fipronil hat es auf die UQN (Umweltqualitätsnorm)-Kandidatenliste geschafft, könnte also demnächst nach dem Wasserrahmenrichtlinie beobachtet werden. Es gilt als "relevanter Spurenstoff". Als Tierarzneimittel kann es wegen Umweltgefährdung reguliert werden, die Befunde durch Überwachung nach der Wasserrahmenrichtlinie haben aber darauf keine direkte Wirkung.
Grenzwerte: Fipronil 0,77 ng/l PNEC (predicted no effect concentration), das ist auch der RAC (Regulatory Acceptable Concentrations) des UBA. Die US-EPA (Umweltschutzbehörde) gibt einen Grenzwert für Dauerbelastung von 11 ng/l.
Man beachte, dass für die meisten Überwachungsmessungen der RAC Wert unter der Bestimmungsgrenze (bei den Landeswasserämtern 1-20 ng/l) liegt. Es ist im relevanten Konzentrationsbereich also nicht quantifizierbar, damit sind  nur begrenzte Aussagen über Belastungen möglich.
Für kleine Fließgewässer sieht es anders aus: hier werden relevante Belastungen sichtbar.
In England liegen die Belastungen in Flüssen inzwischen im Mittel über dem RAC-Wert. Dort gibt es momentan einen großflächigen Skandal weil die privatisierten Wasserwerke mangels Überwachung jahrelang massiv ungeklärtes Wasser in die Flüsse einleiteten.

 

Beide Substanzen sind eingeschränkt als Pflanzenschutzmittel zugelassen, zudem gibt es regelmäßig Notzulassungen. Damit stellt sich die Frage ob gemessene Gewässerbelastungen aus Tierarzenimitteln und Bioziden oder aus der Landwirtschaft stammen.

Studien aus den Niederlanden zeigen, dass eine Belastung von Gewässern durchaus vorliegen kann und dass es zumindest für Fipronil klare Hinweise in diese Richtung gibt. Kläranlagenabflüsse gehen mit Sicherheit vor allem auf Haushaltsanwendungen zurück und nicht auf landwirtschaftliche Nutzung.
"In 43 % aller Messungen wurde Fipronil in Abwässern von Kläranlagen gefunden, und zwar immer oberhalb des PNEC-Wertes. Obwohl es auch Zulassungen als Biozid gegen kriechende Insekten gibt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Verwendung als Tierarzneimittel eine Quelle für dieses Vorkommen ist."(https://library.wur.nl/WebQuery/wurpubs/fulltext/503443).

Eine Reihe von Arbeiten aus den USA, Australien, Singapur und Brasilien deuten auf eine Belastung von Kläranlagenabflüssen und Abwässern aus städtischen Quellen.

 

Bernd Wille, ergänzt 27.8.23

 

 




Details und Quellen:
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/10596/dokumente/2023-04-05_kurzdossier_fipronil_final.pdf
Fließgewässer Deutschland:
2020, 294 Messungen an 20 LAWA-Messstellen:
alle Messwerte < BG (0,001 μg/L - 0,02 μg/L

Kleine Fließgewässer Dt.
2018-2019, 124 Messstellen:
• 0,030 μg/L (Größter Messwert)
• 0,001 μg/L (P90, ereignisbezogene Proben)
• 0,051 μg/L (P90, Schöpfprobe)
Anzahl positiver Befunde:
> LOQ = 9,8 % (alle Proben), LOQ = 0,0007 (2018)
und 0,00075 μg/L (2019

Ausgewählte Daten zum Vorkommen in Gewässern und Biota
2018: 0,00031 μg/L (P75)
2019: 0,00011 μg/L (P75)
2021: 0,00015 μg/L (P75, 30 Messstellen)


Im Kleingewässermonitoring findet sich Fipronil (https://www.ufz.de/kgm/index.php?de=48130)
ACfield = 0.00023 µg/L (Invertebraten-Toxizität)
RAC = 0.00077 µg/L (UBA-Grenzwert, Abgeleitet aus Daten der Produktzulassung)
Gefunden  in 39% von Ereignisbasierten und 20% Zufalls-Proben.
Imidacloprid:
ACfield = 0.0048 µg/L
RAC = 0.009 µg/L
76% Ereignisbezogen, 41% Zufall

Flüsse England 2016-2018
Fipronil (n=1322):
• 0,017 μg/L (Mittelwert)
• <0,0003–0,98 μg/L (Konzentrationsbereich)


Imidocloprid und Fipronil wurden gefunden in
- San Francisco Bay Abwässern, wobei Imidacloprid bedenkliche Werte zeigte (Simulation für Bay-Area)https://doi.org/10.1016/j.envpol.2023.122432
-Australien https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.160556: Zuflüsse in Reservoirs, die direkt städtischen Gebieten zugeordnet werden konnten enthielten Firpronil.
-Singapur: Fipronil in städtischem Oberflächenwasser ohne Zuflüsse aus Abwässern.https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2015.06.041
-Brasilien: https://doi.org/10.1016/j.chemosphere.2022.134395.
- South Carolina :https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2016.05.085
"A sampling effort designed to prioritize known fipronil inputs (golf courses, residential areas, biosolids application sites and wastewater facilities) was conducted in North Carolina to learn more about the origins of fipronil in surface water. High resolution mass spectrometry (HRMS) analysis indicated that fipronil and its known derivatives were routinely present in all samples, but concentrations were substantially elevated near wastewater treatment plant outfalls (range 10–500ng/L combined), suggesting that they predominate as environmental sources."

("In North Carolina wurde eine Probenahme durchgeführt, um bekannte Fipronil-Einträge (Golfplätze, Wohngebiete, Ausbringungsstellen für Biofeststoffe und Kläranlagen) zu priorisieren und mehr über die Herkunft von Fipronil im Oberflächenwasser zu erfahren. Die hochauflösende Massenspektrometrie-Analyse (HRMS) zeigte, dass Fipronil und seine bekannten Derivate routinemäßig in allen Proben vorhanden waren, aber die Konzentrationen waren in der Nähe von Kläranlagenauslässen deutlich erhöht (Bereich 10-500ng/L kombiniert), was darauf hindeutet, dass sie als Umweltquellen vorherrschen.")
- North Carolina: https://doi.org/10.1016/j.watres.2019.02.045
"A geospatial analysis showed fiprole levels in municipal sludges to be uncoupled from agricultural use of fipronil on cropland surrounding sampled municipalities, thus pointing to non-agricultural uses (i.e., spot-on treatment and urban pest control) as a major source of fiprole loading to wastewater.
 Treatment plant effluent available from 12 facilities in 2015/6 contained fiproles at 0.3–112.9 ng/L, (Fiproles = Summe von Firpronil und Abbauprodukten bw) exceeding the United States Environmental Protection Agency (USEPA) aquatic invertebrate life benchmark for chronic fipronil exposure (11 ng/L) in 67% of cases. Whereas the USEPA identified fipronil in sludge only recently (2015), retrospective analyses and modeling conducted here show contaminant ubiquity and nationwide increases of fiprole mass (compared to 2001 levels) in U.S. municipal sludge (1140 ± 230 kg in 2015/6), and treated effluent nationwide (1970 ± 390 kg in 2015/6) over the past 15 years."

("Eine raumbezogene Analyse zeigte, dass die Fiprol-Konzentrationen in kommunalen Klärschlämmen von der landwirtschaftlichen Verwendung von Fipronil auf den Anbauflächen in der Umgebung der beprobten Gemeinden abgekoppelt sind, was darauf hindeutet, dass nicht-landwirtschaftliche Anwendungen (d. h. Spot-on-Behandlung und städtische Schädlingsbekämpfung) eine Hauptquelle für die Fiprol-Belastung des Abwassers darstellen.
 Kläranlagenabwässer aus 12 Anlagen enthielten 2015/6 Fiprole in einer Konzentration von 0,3-112,9 ng/L (Fiprole = Summe von Firpronil und Abbauprodukten bw), die in 67 % der Fälle über dem von der United States Environmental Protection Agency (USEPA) festgelegten Richtwert für die chronische Fipronil-Exposition von wirbellosen Wassertieren (11 ng/L) lag. Während die USEPA Fipronil in Klärschlamm erst kürzlich (2015) identifiziert hat, zeigen die hier durchgeführten retrospektiven Analysen und Modellierungen die Ubiquität des Schadstoffs und den landesweiten Anstieg der Fiprol-Masse (im Vergleich zu den Werten von 2001) in kommunalem Klärschlamm in den USA (1140 ± 230 kg in 2015/6) und in behandeltem Abwasser landesweit (1970 ± 390 kg in 2015/6) in den letzten 15 Jahren.")
- Niederlande:
Pet dogs transfer veterinary medicines to the environment
N.J. Diepens, D.Belgers, L.Buijse, I.Rosselink (Wageningen env. research)
Science of The Total Environment
Volume 858, Part 1, 1 February 2023, 159550
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969722066499#bb0100
"In conclusion, our research has demonstrated that dogs can transfer anti-flea and tick pesticides into the environment, posing a potential risk to both terrestrial and aquatic ecosystems."
("Unsere Forschung hat gezeigt, dass Hunde Pestizide gegen Flöhe und Zecken in die Umwelt übertragen können, was ein potenzielles Risiko für terrestrische und aquatische Ökosysteme darstellt.")
- Niederlande:
https://library.wur.nl/WebQuery/wurpubs/fulltext/503443
DIERGENEESMIDDELEN IN HET MILIEU
EEN SYNTHESE VAN DE HUIDIGE KENNIS
2019 26
Veterinary drugs in the environment
stowa@stowa.nl www .stowa.nl
"In 43 % aller Messungen wurde Fipronil in Abwässern von
Kläranlagen gefunden, und zwar immer oberhalb des PNEC-Wertes. Obwohl es auch Zulassungen als Biozid gegen kriechende Insekten gibt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Verwendung als Tierarzneimittel eine Quelle für dieses Vorkommen ist. ...
Imidacloprid wurde in 19 % der Oberflächenwasserproben nachgewiesen (439
mal). Wenn Imidacloprid gefunden wird, liegt es über dem PNEC-Wert und es besteht
daher ein Risiko. ...
Die Studie zeigt, dass die verfügbaren Daten zwar nützlich sind, aber kein vollständiges Bild
liefern. Es gibt auch nicht genügend Umweltmessungen an relevanten Orten oder zu Zeiten, an denen
Exposition gegenüber Tierarzneimitteln erwartet werden kann. Darüber hinaus gibt es für viele
Stoffe keine Risikogrenzwerte, mit denen Messdaten verglichen werden könnten. Dennoch können wir
Schlussfolgerungen ziehen:
- Die gemessenen Konzentrationen zeigen, dass bestimmte Antiparasitika ein Risiko für die
Umwelt darstellen. Dies sind sowohl ökologische Risiken für Gülleorganismen als auch für Organismen
in Oberflächengewässern.
Einige dieser Stoffe (Fipronil, Imidacloprid, Permethrin) werden auch als Pestizide verwendet.
Es ist daher nicht klar, wie hoch der Beitrag aus den verschiedenen Quellen ist."

 

Übersetzungen aus dem Englischen mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

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