Regulierung von PFAS als Gruppe - ein Überblick:


Dies ist ein neuer Ansatz. Während es Gruppenregulierungen schon früher gab bezogen sie sich doch auf Stoffgruppen, die in natürlichen oder technischen Prozessen als Gruppe gebildet wurden (PAHs, Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe aus Verbrennungsprozessen und als Bestandteil von Erdöl) oder technisch als Gemische erzeugt wurden (PCBs, Toxaphen etc.) oder die durch ein eindeutiges sowohl strukturelles als auch funktionelles Merkmal verbunden sind (Phosphorsäureester als Insektizide und Nervengifte, hier gab es keine Gruppenverbot aber einen Konsens über die Toxizität).
Der Fall der PFAS liegt etwas anders: hier wird eine Gruppe von Stoffen meist als Einzelstoffe erzeugt und eingesetzt. Das Entscheidende ist, dass in den industriellen Prozessen jeder dieser Stoffe bei Nachweis seiner Schädlichkeit durch einen anderen ersetzt werden kann. Da die Gruppe je nach Zählung 4800 bis 9000 Stoffe enthält kann dieses "Spiel" unendlich fortgesetzt werden. Man hat den Begriff "regrettable replacement" geprägt: Ersetzung durch etwas von dessen Schädlichkeit alle Beteiligten von vornherein überzeugt sind - sie mögen es zugeben oder nicht. Da das Verbotsverfahren für einen Einzelstoff Jahrzehnte dauern kann ist damit eine vernünftige Regulierung dieser Stoffe de facto ausgeschlossen (https://chemsec.org/how-many-pfas-bans-does-it-take-to-ban-pfas/).
Es gibt Versuche, eine Gruppenregulierung wissenschaftlich zu begründen:
Scientific Basis for Managing PFAS as a Chemical Class
Carol F. Kwiatkowski et al.
Environ. Sci. Technol. Lett. 2020, 7, 8, 532–543
Publication Date:June 30, 2020, https://doi.org/10.1021/acs.estlett.0c00255
- und wie zu erwarten harsche wissenschaftliche Kritik mit dem Beharren auf sorgfältiger Untersuchung jedes einzelnen Stoffes (von Wissenschaftlern, die in der Regel mit interessierten Firmen verbandelt sind. Hony soit ...)
Interessant ist, dass bei einem konsequenten Verbot die Firmen in vielen Fällen keine Schwierigkeiten haben, Emissionen massiv zu reduzieren (im Falle der Teflonherstellung) oder die Substanzen zu ersetzen (Outdoorkleidung, Essensverpackungen). Allerdings braucht es eben dieses konsequente Verbot um eine Reaktion zu erzeugen. Solange man noch gutes Geld verdienen kann... . (https://www.env-health.org/wp-content/uploads/2021/05/FINAL_pfas_fcm_study_web.pdf)

Was Regulierungen angeht so gibt es die z.b. in Dänemark für Lebensmittelverpackungen (https://www.foodpackagingforum.org/news/denmark-considers-banning-pfass-in-fcms).

Einige US-Bundesstaaten denken über Regulierungen nach, Washington hat es für Kosmetika bereits umgesetzt (https://chemicalwatch.com/439432/washington-state-passes-bill-to-expand-pfas-regulatory-action#utm_campaign=452579&utm_medium=email&utm_source=alert)

Einen Überblick über Regulierungsaktivitäten gibt: https://chemical-watch.s3.eu-west-1.amazonaws.com/downloads/Food-contact-report.pdf

Am wirkungsvollsten und vielverspechend ist wohl eine Initiative von 5 EU-Staaten, die PFAS generell über den REACH-Mechanismus verbieten will: https://www.bmuv.de/FQ148. Da - EU-typisch- die Umsetzung noch einige Jahre dauern wird, wären nationale Initiativen auch in Deutschland z.B. für Lebensmittelverpackungen durchaus sinnvoll.

 

Bernd Wille

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